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Antifolterkommission bemängelt Bedingungen in Rückkehrzentren - Kanton ist enttäuscht

Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) zeigt sich besorgt über die Lebensbedingungen von Kindern und deren Familien in den Rückkehrzentren. Der Bericht stützt sich auf Besuche in drei Berner Zentren. Der Kanton ist enttäuscht über die wenig konstruktive Rückmeldung.

Die Besuche der NKVF fanden zwischen Mai und August 2021 auf Anfrage des Kantons Bern in den Rückkehrzentren in Aarwangen, Biel und Gampelen statt. Die Kommission publizierte dazu am Donnerstag einen Bericht mit Empfehlungen.

Einen Fokus legte die NKVF bei den Besuchen auf die Lebensumstände von Kindern und deren Familien, die in Aarwangen und Biel untergebracht sind. Beide Zentren seien heruntergekommen und verfügten über eine veraltete Infrastruktur. Kinder lebten teilweise seit Jahren auf engem Raum zusammen.

Jugendliche und deren jüngere Geschwister wohnten mit den Eltern im gleichen Zimmer, wo sie schlafen, essen, spielen und meist auch Hausaufgaben machten. In einem Fall besuchte die Kommission ein Elternpaar mit zwei Kindern, das in einem Zimmer mit einer Fläche von 14 Quadratmetern lebte.

Kinderrechte nicht respektiert

Darüber hinaus erschwere es die strikte Regelung und Durchsetzung der täglichen Anwesenheitspflicht den Eltern, Kindern und Jugendlichen, Kontakte ausserhalb der Region zu pflegen. Aus Sicht der Antifolterkommission sind diese Verhältnisse nicht mit der Uno-Kinderrechtskonvention vereinbar.

Verletzt würden das Recht von Kindern auf angemessene Lebensbedingungen, das Recht auf Ruhe und Freizeit sowie Spiel und altersgemässe aktive Erholung. Den Kantonsbehörden wird deshalb empfohlen, Kinder mit ihren Familien grundsätzlich in Wohnungen unterzubringen.

Weiter empfiehlt die Kommission den Leitungen der Zentren, Frauen und Mädchen getrennt von alleinstehenden Männern unterzubringen. Aus den Gesprächen mit den Frauen gehe hervor, dass sie sich in den Gemeinschaftsbereichen und beim Gang zur Toilette nicht sicher fühlten - vor allem nachts.

Dem Kanton Bern attestiert die Kommission, bereits während der Kontrollbesuche im letzten Sommer die Wohnsituation der Bewohnenden mit verschiedenen Massnahmen verbessert zu haben.

Kanton Bern verweist auf Bundesrecht

Die Berner Behörden nehmen den von ihnen in Auftrag gegebenen Bericht zum Anlass, "wo sinnvoll und rechtlich zulässig" Optimierungen vorzunehmen, heisst es in einer Stellungnahme. So wird ab Mitte Februar in Enggistein/Worb ein Zentrum ausschliesslich für Familien mit Kindern und alleinstehende Frauen betrieben.

Die Kritik, wonach Kinderrechte verletzt würden, weist die Berner Sicherheitsdirektion hingegen als "politische Bewertung" zurück. Nicht umsetzbar sind aus Sicht der Berner Behörden alle Vorschläge, die gegen Bundesrecht verstossen - so zum Beispiel die Forderung nach Beschäftigung oder genereller Unterbringung in separaten Wohnungen.

"Dafür sind die Kantonsbehörden als operativ zuständige Stelle die falsche Adressatin. Es ist der klare Wille des Gesetzgebers und des Stimmvolks, dass rechtsgültig aus der Schweiz weggewiesene Personen das Land verliessen", sagt Sicherheitsdirektor Philippe Müller im Interview mit neo1. Deshalb seien in den Rückkehrzentren auch keine Integrationsmassnahmen vorgesehen. "Ich bin schon etwas enttäuscht über die wenig konstruktive Rückmeldung der Anti-Folterkommission. Es macht wenig Sinn, mehr Geld für die Personen in den Zentren zu fordern, wenn dies rein politisch nicht möglich ist." Die Rückkehrzentren sind keine Wohlfühloasen aber auch weit weg von einer Barracke.

Präsenzkontrolle ist für die Sicherheit wichtig

Festhalten will die Berner Sicherheitsdirektion auch an den umstrittenen Präsenzkontrollen in den Rückkehrzentren. Damit werde sichergestellt, dass nur jene Personen Nothilfe erhielten, die auch tatsächlich Anrecht darauf hätten.

Die Lebensbedingungen in den Rückkehrzentren sorgen immer wieder für Kritik. Dazu gab es im Kanton Bern verschiedene Parlamentsvorstösse. Gegen den Willen der Regierung beschloss der Grosse Rat Ende 2021, dass abgewiesene Asylsuchende unter gewissen Voraussetzungen auch bei Privaten wohnen dürfen - und trotzdem Nothilfe erhalten. (sda/neo1)

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