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Grosser Rat baut Videokompetenz der Berner Kantonspolizei aus
Der Regierungsrat soll auch gegen den Willen von Gemeinden eine Videoüberwachung anordnen dürfen. Dies entschied der Grosse Rat am Dienstagmorgen in der ersten Lesung des revidierten Polizeigesetzes. Das Parlament besprach auch die Datenaufbewahrung von automatisch erfassten Autonummernschildern und die Nutzung von Körperkameras.
Bei einer "erhöhten Gefahrenlage für Verbrechen oder Vergehen" kann der Regierungsrat einer Gemeinde empfehlen, eine Videoüberwachung zu installieren. Falls die Gemeinde der Empfehlung nicht nachkommt und auch keine geeignete Massnahmen ergreift, darf der Regierungsrat eine befristete Videoüberwachung anordnen.
Die Ratslinke wollte dem Regierungsrat diese Kompetenz nicht geben. Die Sicherheitsdirektion müsse den Dialog mit den betroffenen Gemeinden suchen, sagte Edith Siegenthaler (SP-Juso/Bern). Zudem greife das Gesetz in die Gemeindeautonomie ein.
Der Präsident des Verbands Bernischer Gemeinden und Grossrat Daniel Bichsel (SVP/Zollikofen) griff das Thema der Gemeindeautonomie auf. Da eine Anordnung durch den Kanton eine Gemeinde überstimme, brauche diese eine hohe Legitimation. Er beantragte deshalb, dass nur der Regierungsrat und nicht die Sicherheitsdirektion alleine darüber entscheiden dürfe. Eine Ratsmehrheit folgte diesem Vorschlag.
Die SVP setzte sich für die neue Regelung ein, wie Andrea Gschwend-Pieren (SVP/Kaltacker) sagte. Die Anordnung werde als Ultima Ratio genutzt. Zudem könnten nur bei Anzeichen auf gewisse schwere Delikte eine Videokamera installiert werden.
15, 30 oder 60 Tage
Teil der Revision war auch die Dauer der Aufbewahrung von automatisch erfassten Autonummernschildern. Die SP-Juso und die GLP wollten die Aufbewahrungsdauer mit 15 Tagen möglichst kurz halten. Die Dauer könne je nach Erfahrung in Zukunft noch angepasst werden, sagte Marianne Schild (GLP/Bern).
Auch innerhalb der Sicherheitskommission war das Thema umstritten: Eine Mehrheit wollte 30 und eine Minderheit 60 Tage. Um Verbrechen aufklären zu können, brauche die Polizei diese Daten, sagte Andreas Hegg (FDP/Lyss), Sprecher der Kommissionsminderheit. Nach einem Ausmerzungsprozedere stimmte der Grosse Rat mit 98 zu 42 Stimmen für eine Aufbewahrung von 60 Tagen.
Körperkameras mit Pre-Recording
Die Revision soll auch den Einsatz von Körperkameras, auch Bodycams genannt, regeln. Diese sollen ab Auslösung der Aufnahme mit einer Vorlaufzeit von bis zu zwei Minuten aufzeichnen. Ohne die Auslösung der Aufnahme werden die Aufzeichnungen fortlaufend überschrieben.
Die GLP wollte genauer klären, wann das Instrument zur Anwendung komme. So wollte die Partei, dass die Körperkameras beim Einsatz einer Waffen oder eines Schlagstocks stets eingeschaltet werden oder eine von einem polizeilichen Einsatz betroffene Person die Aufzeichnung verlangen dürfe.
In der Praxis seien solche Forderungen kaum praktikabel, sagte Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP). Eine Ratsmehrheit lehnte diese Anträge ab, auch mit der Begründung, die Nutzung der Kamera liege in der Kompetenz der Ordnungskraft. (sda)
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