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Leichtathletik: Rekord-Delegation und grosse Schweizer Ambitionen
Am Freitag fällt in Rom der Startschuss zur Leichtathletik-EM. Swiss Athletics schickt in der italienischen Hauptstadt eine Rekorddelegation von 60 Athletinnen und Athleten ins Rennen. Deren Ziel ist es, die Bilanz von 2022 in München (GER), als die Schweiz sechs Medaillen gewann, mindestens zu egalisieren.
Nach den World Relays Anfang Mai in Nassau (BAH) sind die Europameisterschaften in Rom das zweite grosse Rendez-vous der Freiluftsaison 2024. Knapp zwei Monate vor den Olympischen Spielen in Paris (FRA) werden die besten Athletinnen und Athleten Europas im Römer Olympiastadion beziehungsweise auf dem Halbmarathonkurs in der Stadt ihre Karten auf den Tisch legen. Insgesamt haben die Verbände 1560 Athletinnen und Athleten aus 48 Ländern gemeldet, die das Publikum zwischen Freitag und Mittwoch während sechs Tagen begeistern werden. Die Leichtathletik-EM steht auch deshalb so früh im Kalender, weil zwei Tage nach dem Wettkampfende in Rom in Deutschland die vier Wochen dauernde Fussball-EM beginnt.
Grössere Delegation als 2014 in Zürich
Die Fans der Schweizer Leichtathletik können sich freuen. Swiss Athletics reist mit einer 60-köpfigen Athletendelegation nach Italien. Damit wird die bisherige Rekorddelegation – 53 Aktive an der Heim-EM 2014 in Zürich – um sieben Athletinnen und Athleten übertroffen. Die Selektionierten verdienten sich ihren EM-Startplatz entweder mit einer erfüllten Limite, via World Ranking oder sie wurden für eine Staffel aufgeboten. In der WM-Stadt von 1987 können sie sich nun mit Europas Elite messen.
Das Schweizer Team ist jedoch nicht nur gross, sondern auch stark. «Es ist ein sehr erfreuliches Zeichen, dass so viele Athletinnen und Athleten in zahlreichen Disziplinen die EM-Qualifikation geschafft haben. Dies verdeutlicht, dass sich die Schweiz im internationalen Vergleich nicht zu verstecken braucht», sagt Philipp Bandi, Chef Leistungssport von Swiss Athletics. «Sechs Medaillen vor zwei Jahren in München waren für uns ein historischer Erfolg. Seither hat sich die Schweizer Leichtathletik an der Spitze positiv entwickelt und es ist unser Ziel, die Bilanz von München mindestens zu egalisieren, wenn möglich sogar zu übertreffen.»
Medaillengewinner von München sind alle dabei
Alle fünf Swiss Starters, die im August vor zwei Jahren im Münchner Olympiapark auf dem Podest standen, sind in Rom wieder mit von der Partie. Mujinga Kambundji (STB) gewann damals Gold über 200 m und Silber über 100 m, Ricky Petrucciani (LC Zürich) Silber über 400 m, Simon Ehammer (TV Teufen) Silber im Zehnkampf, Ditaji Kambundji (STB) Bronze über 100 m Hürden und Annik Kälin (AJ TV Landquart) Bronze im Siebenkampf. Ehammer tritt diesmal ausschliesslich im Weitsprung an, Kälin versucht sich im Siebenkampf und im Weitsprung.
Als Titelverteidiger treten ausserdem die Männer im Halbmarathon an, die 2016 in Amsterdam (NED) Gold gewannen. Seither gab es keinen EM-Halbmarathon mehr, da die Austragung 2020 in Paris der Corona-Pandemie zum Opfer fiel. Mit den Halbmarathon-Startern Tadesse Abraham (LC Uster) und Fabienne Schlupf (TG Hütten) gehören zwei Medaillengewinner der EM 2018 in Berlin (GER) dem Team an. Abraham holte damals Silber im Marathon, Schlumpf Silber über 3000 m Steeple.
Zahlreiche Medaillenkandidatinnen und -kandidaten
Das Feld der Schweizer Athletinnen und Athleten mit Medaillenpotenzial ist in Rom grösser denn je. Ditaji Kambundji tritt mit einer Saisonbestzeit von 12,49 Sekunden als Führende der europäischen Saisonbestenliste an, was ihre vielversprechende Ausgangslage verdeutlicht. Im Hürdensprint der Männer tritt Jason Joseph (LC Therwil) als aktueller Hallen-Europameister an und will diesmal, nach Rang 4 in München, erstmals an einer Freiluft-EM ganz nach vorne kommen. Er wurde in der EM-Vorbereitung vorübergehend von Hamstring-Problemen behindert, ist inzwischen aber wieder fit.
Auch wenn sie in den letzten Wochen noch nicht an ihre besten Zeiten herangekommen ist, ist an Grossanlässen immer mit Mujinga Kambundji zu rechnen. Im 200-m-Sprint der Männer gehen Timothé Mumenthaler (Stade Genève) und William Reais (LC Zürich) als Nummern 5 und 7 der kontinentalen Saisonbestenliste ins Rennen. Über 400 m haben sich die EM-Finalisten von 2022, Ricky Petrucciani und Lionel Spitz (Adliswil Track Team), wieder viel vorgenommen.
Auch an dieser EM müssen die Top 12 der «Road to Rome» in den Sprints bis 400 m sowie in den Hürdenrennen nicht an den Vorläufen teilnehmen und stehen direkt in den Halbfinals.
Lore Hoffmann Vierte in München – und jetzt?
Die 800 m der Frauen sind eine von sieben Bahn-Disziplinen, in denen die Schweiz die maximale Zahl von drei Athletinnen selektioniert hat. Gespannt sein dürfen die Fans insbesondere auf Lore Hoffmann (ATHLE.ch), die nach Platz 4 in München nun wieder einen Spitzenplatz anpeilt. Die Ausgangslage ist jedoch nicht einfach. Wegen Problemen an einem Fuss hat sie in dieser Freiluftsaison noch keine Wettkämpfe bestreiten können und mit sieben Läuferinnen, die in diesem Jahr schon unter 2 Minuten gelaufen sind, ist die Konkurrenz sehr stark. Rachel Pellaud (FSG Bassecourt) und Valentina Rosamilia (BTV Aarau) haben in dieser Saison schon exzellente Leistungen gezeigt und könnten für eine Überraschung sorgen. Dies gilt auch für den 800-m-Spezialisten Ramón Wipfli (STB), der sich kürzlich in 1:45,38 Minuten an die 3. Position der ewigen Schweizer Bestenliste katapultiert hat.
Der Langstreckenläufer Dominic Lobalu (LC Brühl) darf seit Mitte Mai an internationalen Meisterschaften für die Schweiz starten und kommt in Rom zu seiner Premiere im Dress des Nationalteams. Lobalu tritt über 5000 und 10’000 m an, wobei er auf beiden Strecken zu den Medaillenanwärtern gehört. Mit 12:50,90 Minuten pulverisierte er am letzten Donnerstag in Oslo (NOR) den 40-jährigen Schweizer 5000-m-Rekord von Markus Ryffel. Über 10’000 m kommt es erstmals zum Direktvergleich des Schweizer Meisters mit den schnellsten Europäern.
Ehammer, Moser und Kälin in Topform
Auch in den technischen Disziplinen ist die Schweiz mit ambitionierten Aushängeschildern im Einsatz. Der nationale Rekordhalter Simon Ehammer (TV Teufen) greift im Weitsprung ebenso nach einer Medaille wie Angelica Moser (LC Zürich) im Stabhochsprung. Sowohl der Appenzeller (Platz 3 in Doha) als auch die Zürcherin (Sieg in Marrakesch) schafften im Mai in der Diamond League einen Exploit und sind hervorragend in Form. Das Gleiche gilt für Annik Kälin, die sowohl im Siebenkampf als auch im Weitsprung weit nach vorne kommen kann. Beim Mehrkampf-Meeting Ende Mai in Götzis kam sie bis auf neun Punkte an ihren Schweizer Rekord (6515) heran.
Vier Staffeln im Team
In den Staffelrennen ist die Schweiz in vier von fünf Disziplinen dabei, nämlich über 4×100 m und 4×400 m bei den Frauen und Männern. Einzig die 4×400-m-Mixedkonkurrenz findet ohne Schweizer Beteiligung statt. Während beide Frauenstaffeln die Olympiaqualifikation in Nassau geschafft haben (wie auch die Mixed-Staffel), wollen sich die 4×100-m-Männer via Bestenliste einen der verbleibenden zwei Plätze in Paris sichern. In der entsprechenden Wertung liegen die Schweizer derzeit an vierter Stelle. Um sich vor den Niederlanden und Trinidad&Tobago zu platzieren, müssen sie bis zum Ende der Qualifikationsperiode am 30. Juni mindestens eine Zeit von 38,29 Sekunden laufen. Ihr aktueller Schweizer Rekord liegt bei 38,36.
Schlumpf, Bekele, Abraham, Kyburz: via Rom nach Paris
Die Halbmarathons finden am Sonntagvormittag statt. Die Männer starten um 9 Uhr, die Frauen eine halbe Stunde später. Mit der Schweizer Rekordhalterin Fabienne Schlumpf (TG Hütten), der erstmals nach ihrer Einbürgerung für die Schweiz laufenden Helen Bekele (Stade Genève), Tadesse Abraham (LC Uster) und Matthias Kyburz (LC Basel) sind vier Läuferinnen und Läufer dabei, die für den Olympiamarathon im August in Paris selektioniert sind. Für sie ist die EM ein wichtiger Meilenstein in ihrer Olympiavorbereitung. Bei den Männern geht ein vierköpfiges Team ins Rennen, dem auch der Europarekordhalter Julien Wanders (Stade Genève) und Patrik Wägeli (LC Frauenfeld) angehören. Insbesondere Helen Bekele und dem Männer-Team ist durchaus ein Medaillengewinn zuzutrauen.
Täglich Live im Schweizer Fernsehen
Das Schweizer Fernsehen (SRF, RTS und RSI) berichtet täglich umfassend über das Geschehen an der EM und überträgt die Wettkämpfe live. Als SRF-Experten analysieren der frühere Spitzen-Marathonläufer Viktor Röthlin und die ehemalige Siebenkämpferin Ellen Sprunger das Wettkampfgeschehen. Beim Westschweizer Fernsehen RTS tritt die mehrfache Schweizer Rekordhalterin Lea Sprunger als Co-Kommentatorin auf.
Swiss Athletics berichtet sowohl in den sozialen Medien (Instagram und Facebook) als auch auf der Verbands-Website ausführlich über die EM.
Rom (ITA). Europameisterschaften (7. bis 12. Juni 2024). Die Selektionen von Swiss Athletics. Männer. 100 m: William Reais (LC Zürich). – 200 m: Timothé Mumenthaler (Stade Genève), Reais, Felix Svensson (Versoix Athlétisme). – 400 m: Ricky Petrucciani (LC Zürich), Lionel Spitz (Adliswil Track Team). – 800 m: Ramón Wipfli (STB). – 1500 m: Tom Elmer (LC Zürich). – 5000 m: Morgan Le Guen (Stade Genève), Dominic Lobalu (LC Brühl), Jonas Raess (LC Regensdorf). – 10’000 m: Lobalu, Raess. – 110 m Hürden: Mathieu Jaquet (LC Frauenfeld), Jason Joseph (LC Therwil). – 400 m Hürden: Julien Bonvin (CA Sierre), Dany Brand (LC Zürich), Nahom Yirga (LC Zürich). – 3000 m Steeple: Michael Curti (LC Therwil). – Stab: Dominik Alberto (LC Zürich). – Weit: Simon Ehammer (TV Teufen). – Zehnkampf: Finley Gaio (SC Liestal). – 4×100 m: Bradley Lestrade (Lausanne-Sports), Enrico Güntert (LC Schaffhausen), Fabio Luginbühl (LV Thun), Pascal Mancini (FSG Estavayer), Mumenthaler, Reais, Svensson. – 4×400 m: Brand, Bonvin, Charles Devantay (Lausanne-Sports), Vincent Gendre (Athletica Veveyse), Petrucciani, Spitz, Yirga. – Halbmarathon: Tadesse Abraham (LC Uster), Matthias Kyburz (LC Basel), Patrik Wägeli (LC Frauenfeld), Julien Wanders (Stade Genève).
Frauen. 100 m: Géraldine Frey (LK Zug), Mujinga Kambundji (STB), Salomé Kora (LC Brühl). – 200 m: Fabienne Hoenke (LV Fricktal), Sarah Atcho-Jaquier (Lausanne-Sports), Mujinga Kambundji, Léonie Pointet (CA Riviera). – 400 m: Julia Niederberger (LA Nidwalden), Giulia Senn (LC Zürich). – 800 m: Lore Hoffmann (ATHLE.ch), Rachel Pellaud (FSG Bassecourt), Valentina Rosamilia (BTV Aarau). – 1500 m: Joceline Wind (Biel/Bienne Athletics). – 100 m Hürden: Ditaji Kambundji (STB). – 400 m Hürden: Annina Fahr (LAC TV Unterstrass), Yasmin Giger (LC Zürich). – 3000 m Steeple: Shirley Lang (LC Therwil), Chiara Scherrer (TG Hütten). – Hoch: Salome Lang (Old Boys Basel). – Stab: Lea Bachmann (Old Boys Basel), Angelica Moser (LC Zürich), Pascale Stöcklin (Old Boys Basel). – Weit: Daniela Gubler (TV Länggasse), Annik Kälin (AJ TV Landquart). – Kugel: Miryam Mazenauer (TV Teufen). – Siebenkampf: Kälin. – 4×100 m: Atcho-Jaquier, Céline Bürgi (LV Thun), Frey, Kora, Natacha Kouni (LC Zürich), Pointet, Emma van Camp (Lausanne-Sports). – 4×400 m: Fahr, Giger, Catia Gubelmann (LAC TV Unterstrass), Niederberger, Pellaud, Senn, Lena Wernli (LC Zürich). – Halbmarathon: Helen Bekele (Stade Genève), Fabienne Schlumpf (TG Hütten). (pd)
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