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Mit verlängerter Haltbarkeit gegen Food Waste
Viele verpackte Lebensmittel werden weggeworfen, obwohl sie noch einwandfrei sind – nur weil das aufgedruckte Datum abgelaufen ist. Dank zwei neuen, von der Arbeitsgruppe "foodsave2025" initiierten Leitfäden soll das künftig verhindert und Tausende Tonnen Lebensmittel gerettet werden.
In der Schweiz werden jedes Jahr rund 2,8 Millionen Tonnen Lebensmittel vernichtet. Das liegt nicht zuletzt daran, dass gewisse Nahrungsmittel das aufgedruckte Ablaufdatum überschritten haben – aber eigentlich noch geniessbar wären. Die Arbeitsgruppe "foodsave2025" mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, von Spendeorganisationen und aus der Lebensmittelbranche hat pragmatische Lösungen gegen diese Lebensmittelverschwendung geschaffen. Dazu zählt das Projekt, eine zeitgemässe und sinnvolle Datierung von Lebensmitteln in der Schweiz einzuführen.
Kern des Projektes ist das neue Mindesthaltbarkeitsdatum plus (MHD+). Dieses legt einen Zeitrahmen über das «normale» MHD fest, innerhalb dessen ein Produkt bei korrekter Lagerung noch sicher und geniessbar ist; je nach Kategorie sind das zusätzliche 6 bis 360 Tage. Auch beim Verbrauchsdatum (VD) soll es eine Neuerung geben: Werden mit VD gekennzeichnete und zum Einfrieren geeignete Lebensmittel vor Ablauf des Datums fachgerecht eingefroren und neu etikettiert, können sie als Tiefkühlprodukt weitere 90 Tage lang abgegeben und verwendet werden.
Noch geniessbar, aber weggeworfen
Bei Nahrungsmitteln geben zwei Daten über die Geniessbarkeit Auskunft: Lebensmittel mit Verbrauchsdatum (VD) müssen aus gesundheitlichen Gründen bis zu einem bestimmten Datum verbraucht werden. Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) auf einem Lebensmittel garantiert hingegen die Produktequalität bis zu diesem Zeitpunkt, gibt aber keinen Hinweis auf eine gesundheitliche Gefährdung. «Der Ablauf dieser Daten bedeutet nicht zwingend, dass die Lebensmittel nicht mehr geniessbar sind», wie Claudio Beretta, Präsident des Vereins foodwaste.ch und Experte Nachhaltigkeit an der ZHAW, sagt: "Sie sind dann vielleicht nur nicht mehr ganz so farbig, knackig oder geschmacksintensiv." Judith Deflorin, Leiterin Fachbereich Marktzutritt beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), ergänzt: "Uns ist bewusst, dass viele verpackte Lebensmittel wegen des aufgedruckten Datums verschwendet werden, obwohl sie eigentlich nicht verdorben sind."
Leitfäden klären Haltbarkeit
Genau da setzt die Arbeitsgruppe mit ihrem Projekt an: Der Datierungs- und der Spendenleitfaden wurden im Auftrag des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) unter der Federführung der ZHAW überarbeitet und auf die Lebensmittelproduzenten zugeschnitten. Prof. Dr. Corinne Gantenbein, Lebensmittelmikrobiologin am Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation der ZHAW, erklärt: "Der Datierungsleitfaden soll den Lebensmittelproduzenten dabei helfen, eine auf die jeweiligen Produkte zugeschnittene MHD-Datierung zu wählen." Zudem verschiebt der Leitfaden gesundheitlich unbedenkliche Produkte aus der Kategorie "zu verbrauchen bis" neu in die Kategorie "mindestens haltbar bis". So können mehr Lebensmittel gerettet und verteilt werden. Denn bisher landeten diese Lebensmittel im Detailhandel nach Ablauf des VD im Abfall.
Zudem hat das BLV das Informationsschreiben "Abgabe von Lebensmitteln nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) " erstellt, um darzulegen, was der Interpretationsspielraum der geltenden rechtlichen Grundlagen für die Abgabe von abgelaufenen Lebensmitteln ermöglicht.
Mehr Produkte verteilen
Die Arbeitsgruppe "foodsave 2025" sieht in den neuen Leitfäden nicht nur Vorteile für Lebensmittelhilfen, sondern für den gesamten Lebensmittelsektor. Denn mit den neuen Optionen müssen Produkte mit Verbrauchsdatum nicht zwingendermassen entsorgt werden. Für die Kundschaft von Lebensmittelhilfen bedeutet dies, dass sie mehr Produkte erhalten werden. Alex Stähli, Geschäftsführer von Tischlein deck dich und Initiant der Arbeitsgruppe "foodsave2025" freut sich: "Für Lebensmittelhilfen wie Tischlein deck dich gewinnt das Tiefkühlen von ressourcenintensiven, wertvollen Produkten mit VD, z.B. abgepacktes Fleisch, ein Zeitfenster, das sie bisher nicht hatten."
Grosses Foodsave-Potenzial
Produktionsbetriebe, Detailhändler sowie Konsumentinnen und Konsumenten können mit dem MHD+ ebenfalls einen noch grösseren Beitrag zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung leisten. Lorenz Hirt, Geschäftsführer der Foederation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial) betont die Wichtigkeit aller Akteure, um Lebensmittelverschwendung im Lebensmittelsektor entgegenzuwirken: "Wir müssen gemeinsam an einem Strang ziehen. Nur so wird es uns gelingen, etwas zu bewegen und einen Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 bei der Halbierung von Food Waste zu leisten." Die neuen Leitfäden bergen also grosses Potenzial. Allein im Detailhandel fallen heute über 100‘000 Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr an, welche künftig zu einem grossen Teil durch die Neuerungen vor der Vernichtung bewahrt werden können. Urs Vollmer, Verantwortlicher Nachhaltigkeit und Mitglied der Geschäftsleitung frigemo, fasst zusammen: "Diese neuen Richtlinien sind eine gewaltige Chance für Industrie, Detailhandel und Konsumentinnen und Konsumenten, den Umgang mit Lebensmittel gegen Ende der Haltbarkeit neu zu denken. Damit leisten wir einen deutlichen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung." (pd)
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