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Stimmberechtigte machen Weg für Kantonswechsel von Moutier frei
Die Stimmberechtigten in den Kantonen Bern und Jura haben am Sonntag den Weg frei gemacht, damit das Städtchen Moutier auf Anfang 2026 vom Kanton Bern zum Kanton Jura wechseln kann. Mit diesem Schritt soll die jahrzehntealte Jurafrage als gelöst gelten.
Das 7200-Seelen-Städtchen Moutier kämpft seit Jahren für einen Übertritt zum Kanton Jura. 2021 sagten die Stimmberechtigten der Stadt Ja zu einem Kantonswechsel. Seither wurde ein Vertragswerk ausgearbeitet, das den Übertritt regelt.
Gewisse Befürchtungen in Pruntrut
Die jurassischen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nahmen das Vertragswerk am Sonntag mit 19'470 Stimmen Ja-Stimmen (72,9 Prozent) gegen 7'253 Nein-Stimmen (27,1 Prozent) klar an. Die Stimmbeteiligung lag bei 50,3 Prozent.
Zwei jurassische Gemeinden lehnten das Konkordat ab: Bure mit 51,1 Prozent und Ederswiler, die einzige deutschsprachige Gemeinde des Kantons Jura, mit 51,1 Prozent. Besonders in der Region Ajoie war die Zustimmung zurückhaltend. Dort gibt es Befürchtungen, dass die Region Pruntrut künftig weniger Gewicht haben wird, denn Moutier wird zweitgrösste Stadt im Kanton Jura werden.
Klare Sache in Bern
Das Berner Stimmvolk stimmte dem Vertragswerk gar noch klarer zu als die Jurassierinnen und Jurassier. Im Kanton Bern sagten 253'159 Stimmberechtigte Ja (83,2 Prozent) und 51'104 Nein (16,8 Prozent). Die Beteiligung lag bei 42,6 Prozent.
Auch verschiedenen eher redaktionellen Verfassungsänderungen, die mit dem Kantonswechsel nötig werden, stimmten die Bernerinnen und Berner zu mit 264'717 zu 40'600 Stimmen. Das entspricht einem Ja-Anteil von 86,7 Prozent.
Im Kanton Bern wandte sich als einzige die SVP gegen das Moutier-Konkordat. Die Volkspartei unterstützte in der Jurafrage traditionell die probernische Seite.
Kampf um Unabhängigkeit
Die umstrittene Jurafrage hat ihre Wurzeln im Wiener Kongress von 1815, als sieben Bezirke des Bistums Basel dem Staat Bern zugesprochen wurden: Pruntrut, Delsberg, Freiberge, Moutier, Courtelary, Neuenstadt und Laufen.
Es kam zu Konflikten mit den neuen Herren, die Ende der 1940-er Jahre offen ausbrachen. Nach mehreren Plebisziten entstand 1979 aus den nördlichen Bezirken der Kanton Jura, die südlichen Bezirke Courtelary, Moutier und Neuenstadt verblieben bei Bern. Seither gab es immer wieder Forderungen nach einem Anschluss dieser Gebiete oder Teilen davon an den Kanton Jura.
Die Mehrheit der Bevölkerung im sogenannten Berner Jura wollte davon nichts wissen und sprach sich 2013 mit über 70 Prozent für einen Verbleib bei Bern aus. Einzig Moutier und einzelne Kleinstgemeinden im Umland hätten jurassisch werden wollen. Diesen Gemeinden gestand der Kanton Bern das Recht zu, sich für einen Kantonswechsel zum Jura zu entscheiden. Moutier tat dies.
Verfassungsartikel gestrichen
Mit dem Kantonswechsel von Moutier soll der Jurakonflikt nun beigelegt werden. Das jedenfalls heisst es von offizieller Seite des Bundes und der Kantone Bern und Jura. Nach wie vor gibt es aber in der Bevölkerung Kräfte, die sich einen vereinigten Jura wünschen würden.
Pierre-André Comte, eine der prägenden Figuren der projurassischen Bewegung, sagte am Sonntag der Nachrichtenagentur Keystone-sda, dass sich sein Mouvement autonomiste jurassien (MAJ), nicht auflösen werde. "Niemand kann jemanden daran hindern, zu träumen und zu kämpfen", sagte er.
Mit der Abstimmung vom Sonntag streicht der Kanton Jura einen umstrittenen Artikel aus seiner Verfassung, der bisher den Weg geebnet hat für Grenzverschiebungen.
Die Berner SVP pochte am Sonntag einmal mehr auf eine Ende des Jurakonflikts. Die "Kampfansagen und Sticheleien" der projurassischen Kräfte müssten nun ein Ende haben, teilte die Vokspartei mit. Auch der bernische Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (SVP) stiess ins selbe Horn. Die projurassischen Kräfte müssten sich nun als Demokraten erweisen.
Die jurassische Regierung freute sich über das "historische Abstimmungsresultat". Ministerin Nathalie Barthoulot sagte, sie sei stolz, glücklich und begeistert.
Mit dem Ja zum Moutier-Konkordat ist der Kantonswechsel der bernjurassischen Stadt praktisch sicher. Noch müssen die eidgenössischen Räte ihren Segen geben. Das gilt jedoch nach dem Abstimmungsresultat in den beiden Kanton als reine Formsache. (sda)
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