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Diese neuen Gesetze gelten ab dem 01. Januar 2022 in der Schweiz

Einfachere Änderung des Geschlechtseintrags, neue Regeln bei der Invalidenversicherung, strengere Vorschriften für Schlachtbetriebe: Am 1. Januar 2022 treten verschiedene Gesetzes- und Verordnungsänderungen in Kraft. Ein Überblick in alphabetischer Reihenfolge:

AHV-NUMMER: Behörden in der Schweiz dürfen die AHV-Nummer neu systematisch verwenden, um Personen zu identifizieren. Ziel der in Kraft tretenden Gesetzesänderung ist es, Verwechslungen zu vermeiden und die Effizienz der Verwaltung zu steigern. Im Parlament äusserten Kritiker Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und bezweifelten den Mehrwert der Neuregelung.

ARMEE: Für Angehörige der Armee steht neu eine unabhängige Vertrauensstelle zur Verfügung. Diese soll bestehende interne Beratungs- und Betreuungsangebote bei Problemen im Zusammenhang mit dem Militärdienst ergänzen und auch ausserhalb der Militärdienste zur Verfügung stehen. Ziel ist insbesondere, Probleme, die für eine Behandlung auf dem Dienstweg ungeeignet sind, zu lösen und systematische Probleme zu erkennen.

BETREIBUNGEN: Die Betreibungsämter können neu eine Gebühr von acht Franken in Rechnung stellen, wenn der Schuldner aufgefordert wird, eine Betreibungsurkunde persönlich auf dem Amt entgegenzunehmen. Hingegen ist die Protokollierung eines Rückzugs einer Betreibung durch das zuständige Betreibungsamt künftig kostenlos.

BUNDESANGESTELLTE: Den Angestellten des Bundes werden neu vier statt zwei Wochen Vaterschaftsurlaub gewährt. Die Mitarbeitenden erhalten zudem bei der Wahl des Arbeitsortes und des Arbeitszeitmodells mehr Flexibilität. Das Bundespersonalrecht sieht dabei erstmals explizit vor, dass in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers oder im Homeoffice, aber auch in Co-Working-Spaces, Hub-Arbeitsplätzen oder flexiblen Teamräumen gearbeitet werden kann. Ein Recht auf Homeoffice besteht jedoch nicht.

GEBÜHREN: Vom neuen Jahr an muss der Preisüberwacher vor dem Erlass oder Ändern von Gebühren angehört werden. Er wird insbesondere die Einhaltung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips kontrollieren. Eine stärkere Einbindung des Preisüberwachers hatte das Parlament mit einer überwiesenen Motion verlangt; der Bundesrat passte die Allgemeine Gebührenverordnung an.

GESCHLECHT: Menschen mit Transidentität oder einer Variante der Geschlechtsentwicklung können ihren Vornamen und das im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht vom neuen Jahr an rasch und unbürokratisch ändern. Bei Personen über 16 Jahren reicht eine einfache Erklärung, sofern die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes angeordnet hat. Die Änderung des Eintrags kostet 75 Franken.

GESUNDHEIT: Neuigkeiten gibt es auch bei den Zulassungskriterien im Gesundheitswesen. Ärztinnen und Ärzte, die eine ambulante Praxis eröffnen wollen, müssen mindestens drei Jahre lang an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte im beantragten Fachgebiet gearbeitet haben. Sie müssen sich zudem dem elektronischen Patientendossier anschliessen und über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügen.

GESUNDHEITSKOSTEN: Mehrere gesundheitspolitischen Massnahmen sollen Prämien- und Steuerzahlende entlasten. So sollen etwa alle Versicherten eine Rechnungskopie für ihre Behandlungen erhalten, und für den ambulanten Bereich wird eine nationale Tariforganisation geschaffen. Bei Sanktionen wird eine maximale Bussenhöhe festgesetzt. Die Massnahmen sind Teil eines Pakets, welches das Parlament beschlossen hat; weitere Teile davon treten Anfang 2023 in Kraft.

HÄUSLICHE GEWALT: Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking sollen mit einer neuen Bestimmung über die elektronische Überwachung von zivilrechtlichen Rayon- und Kontaktverboten besser geschützt werden. Hilfe suchenden Opfern steht neu eine nationale Telefonnummer zur Verfügung.

INVALIDENVERSICHERUNG: Neues bringt 2022 für Rentnerinnen und Rentner der Invalidenversicherung (IV). Bei einem Invaliditätsgrad zwischen 40 und 69 Prozent gibt es neu ein stufenloses Rentensystem - Erwerbsarbeit soll sich für die Betroffenen immer lohnen. Wie heute wird eine Vollrente ab 70 Prozent Invalidität zugesprochen. Jugendliche und Kinder mit gesundheitlichen Problemen und psychisch Kranke sollen zudem von Fachleuten gezielt unterstützt werden, damit sie nicht auf Dauer von IV-Renten abhängig werden. Bei medizinischen Begutachtungen werden Massnahmen zur Qualitätssicherung und für mehr Transparenz eingeführt.

KLIMA: Autoimporteure müssen neu auch für die klimaschädlichsten Fahrzeuge Bussen bezahlen, wenn sie die CO2-Zielwerte verfehlen. Bis anhin konnten die Importeure in einer Übergangsphase einen Teil ihrer Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschlepper von der Überprüfung der CO2-Zieleinhaltung ausschliessen. Es handelte sich dabei jeweils um die klimaschädlichsten Modelle ihrer Flotte. Die Abgabe kostet pro Tonne CO2 neu 120 statt 96 Franken. Der Automatismus spielt, weil die Emissionen aus der Verbrennung von Heizöl und Erdgas zu wenig schnell sinken. Neu müssen zudem Chemieunternehmen Lachgasemissionen vermeiden, ebenfalls zugunsten des Klimaschutzes.

LANDWIRTSCHAFT: Flächen, auf denen Industriehanf zur Fasernutzung oder zur Verwendung als Nahrungsmittel angebaut wird, berechtigen neu zu Direktzahlungen. Künftig gibt es auch Sanktionen, wenn Bauern die neu in der ökologischen Leistungsnachweise aufgenommene Regelung zur Lagerung und Ausbringung von Hofdünger nicht einhalten.

LUFTVERKEHR: Das Personal an Flughäfen wird ab 1. Januar genauer unter die Lupe genommen. Die Schweiz gleicht die Sicherheitsüberprüfung an jene der EU an. Neu müssen zwingend polizeiliche und nachrichtendienstliche Informationen eingeholt werden. Massnahmen aus dem Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) treten vorzeitig in Kraft. Das ganze PMT tritt voraussichtlich in der ersten Hälfte 2022 in Kraft.

PERSONENFREIZÜGIGKEIT: Kroatinnen und Kroaten können ab nächstem Jahr voll von der Personenfreizügigkeit in der Schweiz profitieren. Überschreitet die Zuwanderung von kroatischen Arbeitskräften einen bestimmten Schwellenwert, kann sich die Schweiz auf eine Schutzklausel berufen und die Zahl der Bewilligungen ab 1. Januar 2023 erneut begrenzen. Diese Begrenzung wäre jedoch nur noch bis Ende 2026 möglich.

PREISE: Im Kartellgesetz und im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gelten neue Massnahmen, um die "Hochpreisinsel Schweiz" zu bekämpfen. Eine davon ist das sogenannte Geoblocking-Verbot. Mit Geoblocking verhindern Onlinehändler, dass Schweizer Kunden direkt in ausländischen Stores einkaufen können, zu dortigen Preisen. Die Gesetzesänderungen sind ein Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative.

STEUERN: Erbinnen und Erben können die Verrechnungssteuer auf Erbschaftserträgen ab sofort in ihrem Wohnkanton zurückfordern. Damit wird verhindert, dass die Verrechnungssteuer doppelt zurückerstattet wird. Zudem wird die private Nutzung des Geschäftsfahrzeugs mit einer Pauschale besteuert, die neu auch die Fahrkosten zum Arbeitsort umfasst.

TIERE: Neue Vorschriften für Schlachtmethoden sollen für Tiere Stress und Leid verringern. Zum Beispiel gibt es erstmals Vorgaben für die Schlachtung von Fischen und Panzerkrebsen. Hühner und Truthühner sollen statt wie heute ausschliesslich mit CO2 auch mit schonenderen Gasgemischen getötet werden können.

UNTERHALTSZAHLUNGEN: Die Inkassohilfe bei familienrechtlichen Unterhaltsansprüchen wird vereinheitlicht. Damit werden unterhaltsberechtigte Personen ab 1. Januar in allen Kantonen gleich behandelt, wenn sie die ihnen zustehenden Gelder nicht erhalten. Heute ist es den Kantonen überlassen, die Inkassohilfe zu gestalten. Sie erhalten nun zwei Jahre Zeit für die Umstellung.

VERSICHERUNGEN: Neues gibt es im Umgang mit Versicherungen: Das revidierte Versicherungsvertragsgesetz bringt beispielsweise ein Widerrufsrecht von 14 Tagen. Verträge mit langer Laufzeit können nach drei Jahren beendet werden. Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus Versicherungsverträgen wird von zwei auf fünf Jahre erhöht. Auch Anpassungen für den elektronischen Geschäftsverkehr werden vorgenommen.

WAFFEN: Waffengeschäfte müssen sich besser gegen Einbrüche sichern. Für Fenster und Türen etwa gelten höhere Sicherheitsstandards. Hinzu kommt eine obligatorische Videoüberwachung. Grund für die Verschärfung der Sicherheitsvorschriften sind mehrere Einbrüche und Einbruchsversuche bei Schweizer Waffenhandlungen. Den Tätern fielen dabei mehrere hundert Schusswaffen in die Hände. Die zusätzlichen Massnahmen sollen verhindern, dass Kriminelle an Waffen gelangen.

Kanton Bern

Im Kanton Bern werden auf 1. Januar 2022 mehrere Dutzend Erlasse in Kraft gesetzt, geändert oder aufgehoben. Neuerungen gibt es unter anderem für Spitäler, Kitas und für werdende Mütter in schwieriger Lage.

 

 

 

Die Teilrevision des Spitalversorgungsgesetzes bringt schwangeren Frauen in Not das Recht auf vertrauliche Geburt. Sie sollen ihr Kind auf die Welt bringen können, ohne dass ihr Umfeld davon erfährt.

Die Frau muss im Spital zwar ihre Personalien bekannt geben. Sie erhält aber während ihres Aufenthalts ein Pseudonym. So kann sie ihre Identität nach innen und aussen geheim halten.

Die Neuerung geht auf einen Vorstoss von Thomas Fuchs (SVP) im Grossen Rat zurück. Die vertrauliche Geburt ist als Ergänzung zum Babyfenster im Berner Lindenhofspital gedacht, wo Mütter in Not seit 2013 Babys anonym abgeben können.

Babyfenster befinden sich in einer rechtlichen Grauzone: Die Mutter verstösst gegen die Meldepflicht, wenn sie ihr Neugeborenes anonym abgibt. Die vertrauliche Geburt hingegen wahrt sowohl das Recht des Kindes, seine Herkunft zu erfahren, als auch das Interesse der Frau, ihre Identität zu schützen. Zudem ist eine psychosoziale Betreuung der Mutter möglich.

Transparenz bei Chefarzt-Löhnen

Das teilrevidierte Spitalversorgungsgesetz verpflichtet zudem die Listenspitäler, dem Kanton die Löhne ihrer Chefärztinnen und Chefärzte zu melden. Dies erfolgt in anonymisierter Form. Auch diese Neuerung geht auf einen Vorstoss im Grossen Rat zurück. Das Parlament überwies 2018 eine Motion von Ursula Marti (SP).

Auf Anfang Jahr tritt auch das neue Gesetz über die sozialen Leistungsangebote in Kraft, ebenso zwei dazu gehörende Verordnungen. Sie regeln unter anderem das System der Betreuungsgutscheine für Kindertagesstätten und Tagesfamilien. Der Kanton übernimmt neu auch die Bewilligung und Aufsicht über Kitas.

Weiter richtet der Kanton sein System in der ambulanten Pflege neu aus. Er will so Fehlanreize korrigieren und Massnahmen etablieren, die langfristig kostendämpfend wirken.

Alle Änderungen finden sich in der online verfügbaren Gesetzessammlung des Kantons Bern. Dort kann sich das interessierte Publikum insgesamt 737 Erlasse zu Gemüte führen. 661 davon sind in Kraft. (sda)

www.belex.sites.be.ch/frontend/overview

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