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Grosser Rat des Kantons Bern will Moratorium für Tempo 30
Der Kanton Bern wird die Planung neuer Tempo-30-Zonen auf verkehrsorientierten Strassen vorerst stoppen. Der Grosse Rat hat einen entsprechenden Vorstoss von Samuel Krähenbühl (SVP) überwiesen. Die praktischen Auswirkungen des Moratoriums sind allerdings unklar.
78 Ratsmitglieder stimmten am Mittwoch für die Richtlinienmotion, 70 dagegen. Der Kanton soll sämtliche Planungen, Finanzierungsbeschüsse und Umsetzungen entsprechender Tempo-30-Zonen stoppen, bis der Bund das revidierte Strassenverkehrsgesetz in Kraft gesetzt hat.
National- und Ständerat verlangen bekanntlich, dass innerorts auf verkehrsorientierten Strassen grundsätzlich Tempo 50 gilt. Auf siedlungsorientierten Strassen soll Tempo 30 angeordnet werden dürfen. Die konkrete Umsetzung auf Bundesebene ist noch im Gang.
Massnahme für mehr Sicherheit
Kein Verständnis für den Vorstoss hatten die Ratslinke, die GLP und die EVP. Nicht nur Tabea Bossard-Jenni (EVP) warf dem Motionär vor, er handle in vorauseilendem Gehorsam.
Der Vorstoss sei weder inhaltlich noch juristisch sinnvoll, kritisierte Grünen-Sprecher Jan Remund. Tempo 30 sei kein Angriff auf die Mobilität, sondern eine bewährte Massnahme gegen Lärm. Sie mache Städte sicherer und lebenswerter.
Stefan Bütikofer (SP/Juso) befand, die Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinden müssten wenn schon erhöht werden. Denn sie seien mit den Gegebenheiten vor Ort am besten vertraut.
"Rückgrat des Verkehrs"
Anders sah es die bürgerliche Mehrheit. Das Moratorium mache Sinn. Es gehe ohnehin einzig um verkehrsorientierte Strassen, die gemäss Definition des Bundes auf die Anforderungen des Motorfahrzeugverkehrs ausgerichtet seien, sagte SVP-Sprecherin Barbara Josi. Diese Strassen seien das Rückgrat des Verkehrs.
Verkehrsdirektor Christoph Neuhaus (SVP) zeigte sich bereit für ein Moratorium. Davon ausnehmen werde er allerdings Projekte, die sich bereits in Umsetzung befänden oder deren Planung weit fortgeschritten sei.
Tempo 30 und Bundesrat Rösti
Hannes Zaugg-Graf (GLP) stellte den Vorstoss in Zusammenhang mit einer geplanten Tempo-30-Zone in seinem Wohnort Uetendorf. Einer der wenigen Gegner sei der frühere Gemeindepräsident Albert Rösti gewesen. Dabei gehe es um ein kurzes Strassenstück im Zentrum, von dem selbst Röstis Chauffeur sage, da könne man ja gar nie 50 fahren.
In der Vernehmlassung und an einer Orientierungsversammlung habe es keine Kritik gegeben. "Aber jetzt organisiert man einen cleveren Politfuchs, der ein Moratorium fordert." Uetendorf werde das Projekt auf jeden Fall durchziehen, versicherte Zaugg-Graf, der im Gemeinderat sitzt. "Wir sind schon zu weit in der Planung".
Motionär Krähenbühl wies den Vorwurf zurück, der Vorstoss könnte in Zusammenhang mit dem Bundesrat stehen. Albert Rösti habe damit gar nichts zu tun, sagte Krähenbühl auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Folgen unklar
Tatsächlich sind die praktischen Auswirkungen des Moratoriums unklar, wie der Regierungsrat in seiner schriftlichen Antwort eingeräumt hatte. Würde eine Gemeinde, die Tempo 30 einführen möchte, beim Kanton wegen des Moratoriums abblitzen, würde ihre Beschwerde nach dem heute gültigen Recht beurteilt. "In solchen Fällen wäre das Moratorium letztlich wohl nicht durchsetzbar", schrieb die Regierung.
SDA
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