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Individueller Vollzug als neuen Ansatz
Der neue Direktor der Berner Justizvollzugsanstalt Thorberg, Hans-Rudolf Schwarz, plant in dieser Strafanstalt verschiedene Neuerungen. Hauptstossrichtung ist der Wechsel von einem Massenvollzug zu einem «Justizvollzug nach Mass».
Wie Schwarz heute an einer Medienkonferenz sagte, wird auf dem Thorberg neu eine Eintrittsabteilung geschaffen. Dort werden Stärken und risikoorientierte Defizite des Eingewiesenen gezielt abgeklärt. «So lernen wir die Gefangenen innert kürzester Zeit kennen», sagte Schwarz. Danach werden die Eingewiesenen verstärkt interdisziplinär betreut. Bisher wurde laut Schwarz auf dem Thorberg nach Sparten gearbeitet. Es werden auch Ziele für die einzelnen Gefangenen festgelegt.
Ziel der Neuerungen ist es, die Resozialisierung der Gefangenen zu verbessern, also sie besser für die Zeit nach ihrer Entlassung vorzubereiten. Das sei nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Gefangenen selber gut, machte Schwarz klar. Aufgrund seiner langen Erfahrung als Gefängnisdirektor wisse er, dass der Grossteil der Eingewiesenen an einer Veränderung interessiert sei.
Der bernische Sicherheitsdirektor Philippe Müller unterstützt den Kurs. Wenn Resozialisierung gelinge, entlaste dies die Gesellschaft. Das sei auch eine Art von «Return on Investment». «Mich persönlich freut es jedenfalls sehr», sagte Müller im vergitterten Spazierhof des Thorbergs, wo die Medienkonferenz stattfand.
Neuerungen bedeuten Veränderungen
Für das Personal des Thorbergs führen die Neuerungen zu Veränderungen. So müssen mehrere Kaderleute ihre Büros vom altehrwürdigen Schloss in die Gefangenentrakte verlegen. Schwarz will, dass diese Leute näher bei den Gefangenen sind. Neu wird der Thorberg-Direktor sechs statt drei direkt Untergeordnete haben. «So erfahre ich, was sich bei den Gefangenen tut», so Schwarz.
Die Neuorganisation habe Schwarz nach einer fundierten Analyse und unter Einbezug der Angestellten erarbeitet, schreibt die bernische Sicherheitsdirektion (SID). Sie und die Leitung des Amts für Justizvollzug (AJV) seien zuversichtlich, dass mit der Neuausrichtung die Professionalität und Arbeitszufriedenheit auf dem Thorberg weiter gesteigert werden könnten. Die Gewährleistung der Sicherheit auf dem Thorberg bleibe im Vordergrund.
Schwarz sagt, es werde da und dort Weiterbildungen brauchen. Er könne aber alle Leute behalten und auf Schlüsselpositionen das Personal sogar verstärken. Die Neuausrichtung führe höchstens minim zu weniger Plätzen und sei nicht teurer als der bisherige Massenvollzug. Mitte Mai habe er das neue Konzept den Angestellten präsentiert. Die Rückmeldungen stimmten ihn zuversichtlich.
Unruhige Zeiten gehabt
Sowohl das AJV als auch der Thorberg haben unruhige Zeiten hinter sich. Eine Sonderprüfung der kantonalen Finanzkontrolle ergab im September 2018, dass das AJV seine Führungsaufgabe bei der Anstalt Thorberg nur ungenügend wahrnimmt. Als kurz darauf die neue Vorsteherin Romilda Stämpfli ihr Amt antrat, bekam sie den Auftrag, die strategische Führung zu stärken, Prozesse zu vereinheitlichen und Querschnittsbereiche zu zentralisieren.
In der Anstalt Thorberg kam es in den letzten Jahren zu zwei Direktorenwechseln. 2014 musste der damalige Direktor gehen, weil er auf dem Bieler Drogenstrich verkehrte, was ihn erpressbar machte, wie die Vorgesetzten fanden. Nachfolger Thomas Egger verliess den Thorberg Ende vergangenes Jahr aus eigener Initiative. Zuvor war bekannt geworden, dass die Arbeitszufriedenheit beim Personal gesunken war, worauf Egger einen externen Coach zur Seite gestellt bekam. Die Betriebs- und Führungskultur müsse verbessert werden, hiess es. Seit Anfang Jahr ist Hans-Rudolf Schwarz Thorberg-Direktor. Er leitete zuvor die Vollzugsanstalt Witzwil.
SID-Vorsteher Müller und Romilda Stämpfli sagten am Dienstag vor den Medien, auch die Weiterentwicklung des Amts für Justivzollzug sei auf Kurs. (sda)
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