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Untersuchung ortet Führungsmängel im Psychiatriezentrum Münsingen
Eine Untersuchung hat im Psychiatriezentrum Münsingen (PZM) BE strukturelle und personelle Führungsmängel zu Tage gefördert. In die Schlagzeilen kam das Zentrum unter anderem wegen Zwangsmassnahmen und umstrittenen Anstellungen.
In der Zwischenzeit seien die nötigen Massnahmen ergriffen worden, betonte der bernische Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) am Freitag vor den Medien. Seine Direktion hatte die externe Untersuchung angeordnet, nachdem im Mai 2022 Medien über systematische Zwangsmassnahmen wie Fixierungen oder Isolation berichtet hatten, weil es an Personal fehle.
Wenig später tauchten Medienberichte auf, wonach das PZM drei Personen aus der umstrittenen Lebens- und Therapiegemeinschaft "Kirschblüten" als Psychologinnen angestellt hatte. Sie hatten die Klinik zum Zeitpunkt der Berichte bereits verlassen. Ausserdem wurde bekannt, dass in Münsingen auch eine höchst umstrittene Verschwörungserzählung Eingang in Behandlungen gefunden hatte.
Das Psychiatriezentrum betonte daraufhin, sich ausdrücklich von den wissenschaftlich nicht evidenzbasierten Therapieansätzen zu distanzieren.
Externer Blick auf Münsingen
Der vom Direktor der Psychiatrie St. Gallen Nord, Thomas Maier, verfasste Bericht zeigt strukturelle und personelle Führungsmängel in der betroffenen Zeit am PZM auf. Im Vergleich zu anderen Kliniken weise Münsingen eine vergleichbare Anzahl von Zwangsmassnahmen auf, kam Maier zum Schluss. Er ortete dennoch Verbesserungspotenzial.
So will das PZM die Anwendung von Zwangsmassnahmen auf weniger Stationen als bisher konzentrieren und besser kontrollieren. Die Dauer der Zwangsmassnahmen habe sich seit 2019 bereits verringert, betonte PZM-Direktor Ivo Spicher vor den Medien. Das PZM sei also auf dem richtigen Weg.
Laut Untersuchungsbericht mangelte es auf Stufe der Oberärzte an fachlichem Know-How, und die ärztliche Führungsebene war zu dünn. Ausserdem sei man auf Führungsebene der Klinik für Depression und Angst zu wenig sensibel für die Brisanz des Themas gewesen.
Auch bei der Anstellung der "Kirschblütlerinnen" zeigten sich laut Bericht Schwächen. Der seinerzeitige Leiter der Klinik für Depression und Angst sei auch gegenüber dem Themenkomplex Dissoziative Identitätsstörung/Mind Control zu wenig kritisch gewesen.
Das PZM hat sich im Sommer von dem Mann getrennt. Auch die meisten vom Themenkomplex des Mind Control betroffenen Mitarbeitenden sind laut Spicher nicht mehr in Münsingen tätig. Die übrigen würden eng begleitet.
Neue Leitung ab Dezember
Ab Dezember wird eine duale Leitung die Klinik für Angst und Depression führen. Die Diagnose "Dissoziative Identitätsstörung" darf heute nur noch durch den Chefarzt gestellt werden, der auch die Therpaie der Betroffenen begleitet, wie Spicher vor den Medien ausführte.
Weiter konnte das PZM alle offenen Stellen wieder besetzen. Die wegen Personalmangels geschlossenen Betten würden nun sukzessive wieder in Betrieb genommen. Auch die Kader sollen aufgestockt werden.
Weiter hat das PZM nach eigenen Angaben Schulungen für das Personal intensiviert und eine neue Fachstelle für Prävention und Deeskalation geschaffen.
"Wir haben verstanden und haben gehandelt und wollen das auch weiterhin tun", sagte Lüthi vor den Medien. Das Psychiatriezentrum Münsingen gehört zu den grössten psychiatrischen Kliniken der Schweiz. Jährlich werden über 3100 Patientinnen und Patienten behandelt. (sda/neo1)
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